Virtual Virtual Reality im Test

Virtual Virtual Reality im Test: Die Meta-Matrix


Tender Claws, also „zärtliche Klauen“ heißt das Studio hinter Virtual Virtual Reality. Ähnlich paradox wie der Name der Entwickler gibt sich auch der Inhalt des Spiels, das aber trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) mächtig Laune macht.

  1. KI trifft Virtual Reality
  2. Das Spielprinzip: Virtuelle Arbeit
  3. Die tiefsten Tiefen des Kaninchenbaus
  4. VR-Technik und ihre Tücken
  5. Alles ziemlich Meta
  6. Unsere Wertung

KI trifft Virtual Reality

Die Prämisse des Titels ist ebenso futuristisch wie dystopisch. In einer Zeit, in der alle erdenklichen Arbeiten nicht mehr von Menschenhand, sondern von Maschinen und insbesondere von Künstlichen Intelligenzen erledigt werden, dürstet es der Menschheit nach Beschäftigung (und nach einer Daseinsberechtigung).

Was liegt da näher, als in die Vergnügungsbranche zu gehen, um all die KIs in ihrer „Freizeit“ zu bespaßen und zu unterhalten? Gesagt, getan: Als Spieler heuern wir bei Activitude an, einem Dienstleister, der Menschen zur Unterhaltung von KIs anheuert. Das Ganze findet allerdings nicht in tatsächlichen Umgebungen, sondern in verschiedenen virtuellen Realitäten statt, die sich die KIs gebaut haben.

Schon an dieser Stelle wird klar, dass V-VR es sich zum Ziel setzt, die Themenkomplexe „KI“ und „VR“ kritisch zu beleuchten und ins Gegenteil zu verdrehen.  Glücklicherweise geht es dabei keinesfalls bierernst zur Sache. Vielmehr schafft es Tender Claws, uns mit einer gesunden Portion Augenzwinkern den (virtuellen) Spiegel unter der VR-Brille vorzuhalten.

Das Spielprinzip: Virtuelle Arbeit

Zurück zum Spiel an sich: Activitude wird von Roboter Herbie repräsentiert, der uns im Spielverlauf verschiedene KI-Kunden vermittelt, für die wir arbeiten sollen. Jeder „Job“ führt uns in eine andere kleine virtuelle Realität, die wir erreichen, indem wir uns im Spiel eine virtuelle VR-Brille aufsetzen. Die Aufgaben sind überaus abwechslungsreich und teilweise an Absurdität kaum zu überbieten.

Wir müssen etwa ein sprechendes Stück Butter mit Toast bestreichen (!) oder einen ebenfalls sehr mitteilungsfreudigen Strohballen im Western-Setting per Laubbläser einen Hindernisparcours „entlangblasen“. Laut loslachen mussten wir auch, als wir die Aufgaben, die uns ein buntes Windrädchen in einem VR-Gartenhaus stellte, nicht wirklich erfüllen konnten.

Allerdings ist nicht alles nur zum Lachen, V-VR schlägt durchaus auch nachdenkliche Töne an. Wenn etwa eine KI, die eine gesamte Stadt steuert, ihr liebstes „menschliches“ Erlebnis mit uns teilt, bekommen wir nicht nur aufgrund der Blade Runner-esquen Atmosphäre Gänsehaut. Auch der Job, bei dem eine KI während eines VR-Sonnenuntergangs über die (Un)Sinnigkeit menschlicher Züge schwadroniert, hinterlässt bei uns in kürzester Zeit bleibende Eindrücke.

Die tiefsten Tiefen des Kaninchenbaus

Es ist wirklich erstaunlich, wie es V-VR in den kleinen und jeweils nur wenige Minuten langen Spielabschnitten vermag, verschiedene Gefühle in uns hervorzurufen. Das ist aber noch längst nicht alles: Unter der Oberfläche bietet Virtual Virtual Reality weitere Story-Schichten.

Die fiesen KIs geben den armen Menschen nämlich unfair schlechte Kundenbewertungen – weil wir viele der uns gestellten Aufgaben gar nicht richtig erledigen können, zumal, nun ja, Anspruch und Wirklichkeit recht weit auseinander liegen, um nicht zuviel zu verraten.

Sieht komisch aus - und ist es auch: Virtual Virtual Reality.

Bereits früh im Spiel hören wir von der uns noch nicht zugänglichen HR-Abteilung sowie einer geheimnisvollen Menschen-Gewerkschaft, die uns beide zu faireren Arbeitsbedingungen verhelfen können sollen – falls wir sie denn finden. Das machen wir uns früh zur Aufgabe, müssen allerdings feststellen, das der eigentlich so nette Herbie uns das mit allen Mitteln austreiben will.

Auf unserer Reise Richtung Wahrheit tauchen wir in diverse virtuelle Realitäten ein, die sich unter anderen virtuellen Realitäten verstecken – uns erwartet ein im wahrsten Sinne des Wortes vielschichtiges VR-Abenteuer.

VR-Technik und ihre Tücken

All das macht ziemlich viel Spaß – Allerdings: Die „Was zum Teufel?“-Momente beschränken sich nicht nur auf die amüsante und clevere Story, sondern teils auch auf das Gameplay. Nach einer Weile bekommen wir beispielsweise Zugriff auf eine Staubsauger-Funktion, mit der wir Teile von Levels „einsaugen“ und andernorts wieder herauspusten können.

Wozu diese Mechanik genau da ist, wird allerdings nur unzureichend erklärt, was durchaus zu Irritationen nach dem ersten Spieldrittel führt. Vielleicht gehört das auch zum Konzept, allerdings riss uns das Ganze ein wenig aus dem Spielfluss heraus. Ebenso stört uns, dass es keine Möglichkeit gibt, sich mit dem Analogstick der Oculus Touch-Controller zu drehen. Wir müssen uns also selbst drehen, was hin und wieder zu ganz realem Kabelsalat führt.

Davon abgesehen überzeugt V-VR mit simpel, aber stimmig designten Levels, die ein hohes Maß an Interaktivität bieten. Besonders der Abwechslungsreichtum der Umgebungen und die Sprachausgabe haben es uns angetan. Alle Charaktere verfügen über eine fantastisch nuancierte, aber ausschließlich englische, Sprachausgabe – es gibt aber recht gute deutsche Untertitel.

Alles ziemlich Meta

Wenn ihr jetzt immer noch keine genaue Vorstellung davon habet, was V-VR eigentlich für eine Art Spiel ist, ist das kein Wunder. Es als eine Art interaktive Reise durch verschiedene virtuelle Realitäten zu beschreiben, wäre zwar korrekt, aber zu kurz gegriffen. Die Story, die Virtual Reality als Medium erstaunlich selbstreflektiert hinterfragt, ist definitiv der Star des Spiels.

Wie real ist wohl diese Virtuelle Realität?

Der humorvolle Unterton und kleine Gimmicks sorgen dafür, dass das Ganze auch noch ordentlich Spaß macht. So können wir zum Beispiel unseren Auftraggeber Herbie mit unserem Bewegungscontroller packen und umherschleudern, worauf dieser physikalisch glaubwürdig und sehr witzig anzuschauend reagiert.

Unsere Wertung

In der Summe ist V-VR definitiv eine einzigartige Erfahrung – und wieder einmal ein Spiel, das seinen Charme nur durch die Möglichkeiten der virtuellen Realität richtig entfalten kann. Und das, obwohl es sich über Selbige lustig macht.

Mein Fazit:

Virtual Virtual Reality zeigt einmal mehr, was für ein einzigartiges Storytelling-Medium VR ist. Wie es das Spiel immer wieder schafft, mich in Sekundenschnelle in den Bann einer neuen virtuellen Realität zu ziehen, ist phänomenal. Der Kommentar, den der Titel von Tender Claws über das noch junge Medium abgibt, ist dabei ebenso scharfsinnig wie humorvoll vorgetragen. Selten hat es ein Videospiel (ob VR oder 2D) geschafft, mich in dieser Weise gleichzeitig köstlich zu amüsieren und zum Nachdenken anzuregen. Wer nach einem VR-Spiel mit Hirn und Humor sucht, kann bedenkenlos zugreifen.

Virtual Virtual Reality ist das richtige Spiel für euch, wenn ihr

  • Lust auf ein total abgefahrenes Spielerlebnis habt
  • euch für Virtual Reality als Konzept interessiert
  • ihr schon immer einmal mit einer Artischocke reden wolltet

Virtual Virtual Reality ist eher nichts für euch, wenn ihr

  • nach pausenloser Action sucht
  • ein Spiel sucht, das sich nicht mit einer (sehr guten) Story „aufhält“
  • ungern lacht

Den einzigartigen VR-Trip Virtual Virtual Reality bekommt ihr für…

Getestet mit: Oculus Rift

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